Rückblick Konzert

Akkordeonfreunde im Jubiläumsfieber-
Klangzaubereien auf dem Heimatluftkompressor

60 Jahre AKKORDEONFREUNDE GRÖTZINGEN e.V. bedeuten auch sechs Jahrzehnte Orchesterliteratur im Wandel der Zeit.  Die unterschiedlichen Stilrichtungen bildeten den roten Faden im Jubiläumskonzert.  In die voll besetzte Begegnungsstätte drängten sich bis zum Konzertbeginn mehr und mehr Besucher und beflügelten sowohl Orchester als auch Dirigent Daniel Hennigs zu einem fulminanten Auftakt: die „Ouvertüre in C-Dur“ des Akkordeon-Pioniers Rudolf Würthner. Erste Bravo-Rufe bestätigten, dass die pointierte Darbietung dieser klangschönen  Komposition auch heutzutage den Publikumsgeschmack exakt traf.  Würthners Werke waren in den 60er Jahren meistgespielt in den Akkordeonorchestern und nahmen dem Instrument, das landläufig als Ziehharmonika, Schifferklavier, Quetschkommode, Zerrwanst oder gar Heimatluftkompressor bezeichnet und als Konzertinstrument lange nicht ernst genommen wurde, das aufs Volkstümliche reduzierte Image. Wie unzählige andere Orchester bedienten sich auch die Akkordeonfreunde nicht nur aus Würthners Originalliteratur, sondern spielten auch dessen zahlreiche Bearbeitungen wie Ernst Fischers beliebte Suite „Südlich der Alpen“. Satz und Instrumentation für Akkordeonorchester bezauberten das Publikum, das sich im nordbadischen Dauerregen allzu gerne „In einer Hafenstadt“ wiederfand und dort einen „Blumencorso“ vorbeidefilieren wähnte.

Als Reminiszenz an die regelmäßigen Teilnahmen an den Harmonika-Weltfestivals in Innsbruck in den 80er und 90er Jahren stand eine weitere Originalkomposition im Jubiläumsprogramm: „Die drei Musketiere“ von Adolf Götz. In vier Sätzen (denn es waren ja in Wirklichkeit 4 Musketiere!) bekamen die Zuhörer nicht etwa verwegene Fechtszenen musikalisch vorgeführt, sondern es wurde ihnen ein Hineinhören in verschiedene Spielarten und Tempi höfischer Tänze der Barockzeit ermöglicht. Hier sorgten Electronien und Schlagwerk für die Götz-typische Dynamik im Klangbild.

Dass Dirigent Daniel Hennigs nicht nur ein hervorragender Akkordeonist, sondern gleichzeitig auch ausgezeichneter Pianist ist, war eine neue Erfahrung sowohl für das Publikum als auch für die Orchesterspieler. Er intonierte eindrucksvoll die „Lebewohl-Sonate“ in drei Sätzen von Ludwig van Beethoven  und bewies, dass er auch auf dem Klavier den Schwierigkeitsgrad „schwer/Stufe 8“ mit hohem künstlerischen Anspruch bewältigt.

Zum 50jährigen Jubiläum rockte das „Orchester Hohnerklang“ dieselbe Bühne, auf der nun die Akkordeonfreunde Grötzingen die „Gershwin-Classics“ des Dirigenten, Komponisten und beliebten Arrangeurs Hans-Günter Kölz swingten. Kölz machte in seinen anspruchsvollen Bearbeitungen die Popmusik in den Akkordeonorchestern salonfähig, was kein Verein seit den 90er Jahren in seinen Konzertprogrammen mehr missen möchte. Vor allem Musical- und Filmthemen zählen zur Lieblingsliteratur im Bereich der leichten Muse. Eines der erfolgreichsten Musicals ist zweifelsohne der „Tanz der Vampire“ mit wunderbar eingängigen Melodien. In einem Potpourri von Jim Steinmann bildete das Orchester die Dramatik der Geschehnisse um Graf Dracula derart beeindruckend ab, dass sich die Zuschauer erneut zu begeisterten Beifallsbekundungen veranlasst fühlten. Gleichsam bewegte Bilder im Kopf der Zuhörer erzeugte „Raider’s March“ als John Williams‘ Titelmelodie des ersten Films aus der Indiana-Jones-Filmreihe. Wolfgang Pfeffer stellte in seiner Bearbeitung höchste technische Ansprüche an die Spieler nach dem Motto „wie treffe ich im richtigen Moment die richtige Taste“!

Sinfonischer Pop setzte „The Final Countdown“ pointiert ans Ende eines großartigen Jubiläumskonzerts  – eindrucksvoller hätte der Beweis für die Vielfältigkeit dieses oft verkannten Instruments nicht ausfallen können.

                                                                                                                                                clpl